Wenige Tage vor der geplanten Gründung einer jüdischen AfD-Gruppe in Wiesbaden haben 17 jüdische Organisationen vor der AfD gewarnt. Die Jüdische Studierendenunion ruft zu einem Protestzug auf.
Große jüdische Organisationen in Deutschland rufen zum Engagement gegen die AfD auf. In einer gemeinsamen Erklärung, die sie am Donnerstag veröffentlichten, heißt es: “Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben. Die AfD ist antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal.”
Unterzeichnung verweisen auf Kundgebungen in Chemnitz
Die Partei versuche zwar, mir ihrer vermeintlichen Verbundenheit mit Israel und ihrer angeblichen Sorge um die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zu punkten. Doch die Partei sei “ein Fall für den Verfassungsschutz, keinesfalls aber für Juden in Deutschland”. Zu den 17 Organisationen und Verbänden, die sich der Erklärung angeschlossen haben, gehören der Zentralrat der Juden in Deutschland, der Bund traditioneller Juden, der Sportverein Makkabi und die Allgemeine Rabbinerkonferenz.
Die Unterzeichner verweisen auch auf die Teilnahme von AfD-Politikern an rechten Kundgebungen in Chemnitz. Dort seien Vertreter der Partei “Seite an Seite mit Neonazis, Hooligans und Pegida-Anhängern” marschiert.
“Juden in der AfD” wollen sich am Sonntag gründen
Am kommenden Sonntag wollen AfD-Mitglieder jüdischen Glaubens in Wiesbaden die Vereinigung “Juden in der AfD” gründen. Zum Gründungstreffen solle unter anderem die Bundesvorstandsmitglieder Beatrix von Storch kommen. Die Initiatoren wollen sich nach eigenem Bekunden zunächst auf 20 Gründungsmitglieder einigen. Davon sind bisher nur wenige bekannt, etwa Dimitri Schulz, der als Direktkandidat bei den Landtagswahlen in Hessen antritt.
Schulz ist nach eigenen Worten seit 2014 Mitglied der AfD und seit 2016 Stadtverordneter in Wiesbaden. Er stammt aus der ehemaligen Sowjetunion und ist nach eigenen Aussagen in einer “christlich-jüdischen Großfamilie aufgewachsen”.
JSUD ruft zum Protest auf
Gegen die Gründung der jüdischen AfD-Gruppe hat die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) zum Protest aufgerufen. Sie lädt am Sonntag unter dem Motto “AfNee! Diese Alternative ist nicht koscher!” zu einer Kundgebung für ein “offenes und buntes Deutschland” ein. Der Veranstaltungsort ist noch nicht bekannt. Die JSUD nannte die AfD in dem Aufruf “eine der größten Gefahren für jüdisches und vielfältiges Leben in Deutschland”. Die JSUD vertritt nach eigenen Angaben rund 25.000 jüdische Studierende in Deutschland.
“Wir als Juden lassen uns nicht von der AfD instrumentalisieren und stellen ihr keinen Blankoscheck für rassistische und menschenverachtende Politik aus”, sagte JSUD-Vizepräsident Mike Delberg zu hessenschau.de. Die “überwältigende Mehrheit der jüdischen Leute” stimme der Ideologie, Politik, dem Menschenbild und den Methoden der AfD nicht zu. Die JSUD stuft die Partei als antisemitisch ein. Die AfD habe das Holocaust-Mahnmal als “Denkmal der Schande” bezeichnet und wolle sowohl die religiöse Beschneidung des Mannes als auch das Schächten von Tieren verbieten.
Schulz in seiner jüdischen Gemeinden kaum bekannt
Auch die Jüdische Gemeinde Wiesbaden und der Landesverband der Jüdischen Gemeinde Hessen weisen ihre Mitglieder auf die Kundgebung hin, wie Landesverbands- und Gemeinde-Vorstandsmitglied Jacob Gutmark hessenschau.de sagte. Gutmark warf der jüdischen AfD-Gruppe vor, “unter falscher Flagge” zu segeln: “Jemand versucht, sich unserer Identität zu bedienen – uns ist noch nicht einmal bekannt, ob überhaupt Juden dabei sind.”
Gutmark betonte, Dimitri Schulz sei bisher kaum in der jüdischen Wiesbadener Gemeinde in Erscheinung getreten. Vor einigen Wochen sei Schulz zu einer Gemeindefeier erschienen und habe dabei versucht Gemeindemitglieder für die AfD zu werben. Er habe Schulz bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass parteipolitisches Engagement innerhalb der Gemeinde unerwünscht sei, sagt Gutmark.