Bei den Königlichen liegen die Nerven offensichtlich blank. Nach vier Niederlagen aus den letzten fünf Pflichtspielen und dem Absturz auf Tabellenplatz sieben in der spanischen Liga herrscht bei Real Madrid Krisenstimmung. Das zeigt sich auf dem Spielfeld, wo es den Profis aktuell extrem schwerfällt, Tore zu schießen. Es zeigt sich aber auch auf dem Trainingsplatz.
Dort kam es bei einer Einheit vor dem Champions-League-Spiel gegen Viktoria Pilsen (ab 21 Uhr) zu einem Zwischenfall. Hauptakteur wie so oft: der für seine Rüpel-Attitüde bekannte Sergio Ramos, der das letzte Champions-League-Finale gegen Liverpool mit einer Wrestlingeinlage gegen Salah und einem Check gegen den Kopf von Torwart Karius gewissermaßen im Unfair-Alleingang entschieden hatte. Zudem steht der Kapitän von Real gerade auch wegen wenig berauschender sportlicher Leistungen im Fokus der Kritik. Das geht offenbar nicht spurlos am 32-Jährigen vorbei.
Bei einem Zweikampf kam es zur Berührung zwischen Ramos und Sergio Reguilon. Reals Linksverteidiger-Talent, das seit diesem Sommer zum A-Kader der Madrilenen gehört, strich mit seiner Schulter leicht an der Nase von Ramos entlang. Kein böses Foul, keine Respektlosigkeit. Und trotzdem rastete der spanische Nationalspieler komplett aus.
Ramos rastet im Training aus
Wutentbrannt schnappte er sich einen Ball und drosch ihn in Reguilons Richtung. Aus zwei Metern verfehlte er dabei nur haarscharf den Kopf des 21-Jährigen. Erschrockene Blicke bei den Mitspielern, dann gesenkte Köpfe. Gegen Ramos lehnt sich bei Real so schnell keiner auf.
Dann ist die Einheit beendet. Doch Ramos lässt die Szene noch nicht auf sich beruhen. Obwohl Reguilon keine Anstalten macht, sich zu beschweren, schießt Ramos ihn erneut ab. Diesmal gegen die Beine. Erst jetzt beruhigt sich die lebende Real-Legende langsam wieder. Auch weil Luka Modric hinzukommt und seinen Arm beschwichtigend über seine Schulter legt.
Inzwischen zeigte sich Ramos aber versöhnlich. Bei Twitter schrieb er: „Ich hätte nicht so reagieren dürfen.“ Nicht das erste Mal, dass der Heißsporn nach einem Aussetzer auf dem Platz über den digitalen Nachrichtendienst zurückrudert. Reguilon jedenfalls scheint die Entschuldigung anzunehmen. Er retweetete die Nachricht und schrieb: „Mit meinem Team und meinem Kapitän für den Sieg!“
Konsequenzen dürfte die Aktion für Ramos ohnehin keine haben. Schließlich ist er einer der größten Unterstützer des angezählten Real-Trainers Julen Lopetegui. „Julen hat den Rückhalt der gesamten Kabine“, sagte Ramos zuletzt.
Lopetegui kämpft um seinen Job
Dabei verantwortet der 52-Jährige eine tiefe sportliche Krise, die am Wochenende ein historisches Ausmaß angenommen hatte. Beim 1:2 (0:2) gegen UD Levante stellte Real einen klubinternen Negativrekord auf: Nie in der ruhmreichen 116-jährigen Geschichte des Vereins hat Madrid länger auf ein Tor warten müssen (480 Minuten).
Wie lange der mächtige Klub-Präsident Florentino Perez noch hinter Lopetegui steht, bleibt abzuwarten. Nach dem Spiel gegen Pilsen tritt Real am kommenden Sonntag zum Clasico beim FC Barcelona an. Eine Niederlage beim Erzrivalen und Tabellenführer würde in Madrid vermutlich personelle Folgen haben.