Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, verlangt größere Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus. Der Anschlag auf die Synagoge in Halle vor einem Monat sei ein Einschnitt gewesen, sagte Klein. Die Bedrohung für Jüdinnen und Juden könne niemand mehr leugnen. Judenfeindlichkeit sei so sichtbar, dass sie nach neuen Strategien verlange.
Konkret plädierte Klein für mehr Prävention in Schulen, entsprechende Fortbildungen für Lehrer und eine Strafrechtsverschärfung. Zudem sollten die Lehrmaterialien an Schulen Juden nicht nur als Opfer und Verfolgte in der Zeit des Nationalsozialismus zeigen, sie müssten auch die großen kulturellen und politischen Leistungen von Juden in Deutschland würdigen. Außerdem solle Paragraf 46 des Strafgesetzbuches so geändert werden, dass bei der Strafzumessung explizit auch eine antisemitische Motivation berücksichtigt werden kann. In dem Paragrafen wird dem Gericht zugebilligt, bei der Bemessung der Strafe nach den Umständen abzuwägen, die für oder gegen den Täter sprechen. Derzeit steht dort, dass etwa gegen den Täter spricht, wenn er aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründen handelt.
Dies wäre ein “wichtiges Signal” an die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und zugleich “Handlungsleitung” für Richterinnen und Staatsanwälte, sagte Klein.
Klein sagte auch, die politische Sensibilität von Juristinnen und Juristen sich bessern. Klein schlug für Referendare etwa Besuche im Haus der Wannseekonferenz in Berlin vor. Er lobte, dass es inzwischen in 14 Bundesländern Antisemitismusbeauftragte gebe.
“Du Jude!” zähle zu den gängigsten Beleidigungen auf deutschen Schulhöfen, teilte die Amadeu Antonio Stiftung mit. Jüdische Schüler seien regelmäßig antisemitischem Mobbing ausgesetzt. Zahlreiche Fälle der vergangenen Monate hätten gezeigt, dass antisemitische Beleidigungen, Bedrohungen und Gewalt an Schulen ein erschreckendes Maß angenommen haben.
Die derzeitige Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, einen Antisemitismusbeauftragten einzusetzen. Klein hat das Amt seit dem 1. Mai 2018 inne.
Klein hat sich auch für eine Meldepflicht bei antisemitischen Vorfällen an Schulen ausgesprochen. Nachdem drei Schüler aus Hessen nach einem Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald antisemitische Lieder abgespielt haben sollen, forderte er Konsequenzen und eine “generellen Meldepflicht für antisemitische Vorfälle in der Schule ein, wie es sie derzeit bereits in Berlin und Baden-Württemberg gibt”. Er begründete dies damit, dass es für eine Schule dann keine offenen Fragen gebe, “dann muss sie solche Vorfälle anzeigen und dem nachgehen”.