Am Sonntagabend ein Haus in der Lauterborner Hugo-Wolf-Straße, am Tag der Deutschen Einheit eines in der Geleitsstraße: Fundamente sacken ab, in Wänden und Böden bilden sich tiefe Risse. Im Westend kommt ein Gasalarm hinzu. Von Jessica Liederbach
Die Anwohner der Geleitsstraße, die am ehemaligen Kappus-Gelände leben, haben es seit Monaten schon nicht leicht. Sie leiden unter Krach und Dreck von der benachbarten Baustelle, die aus der ehemaligen Seifenfabrik ein neues Wohnquartier macht. Die Menschen in einem Gebäude hat es nun noch härter getroffen. Am Mittwochmorgen, so Bewohner des Zehn-Familien-Hauses in der Geleitsstraße gegenüber unserer Zeitung, hätten sie Risse an den Wänden und am Boden ihrer Wohnungen bemerkt; einige reichten von der Decke bis nach unten. Für den Keller beschreiben sie ein ähnliches Bild: Auch dort seien Wände und Boden beschädigt. Was sie zunächst aber am meisten beunruhigt: Es riecht stark nach Gas. Sie schlagen Alarm.
Die Gasversorgung Offenbach (eine EVO-Tochter) bestätigt: Offensichtlich sind nicht nur die Wände, sondern auch Leitungen beschädigt. Eine Messung belegt, dass Gas austritt. Umgehend wird der Haupthahn abgedreht. Die Mieter verbringen nicht nur den Feiertag ohne Heizung und warmes Wasser. Damit keine Gefahr besteht, bleibt die Leitung solange geschlossen, bis die Ursache bekannt ist. Eine akute Gefahr bestehe deshalb nicht mehr, sagt EVO-Sprecher Harald Hofmann. Die Hausverwaltung möchte sich auf Nachfrage unserer Redaktion nicht näher zu dem Vorfall äußern. Man werde sich um die Reparatur kümmern.
Inzwischen hat sich die städtische Bausaufsicht wegen der Setzungsrisse eingeschaltet und dokumentiert den Zustand. „Sie wird anschließend eine schnelle Ursachenforschung anfordern“, kündigt Stadtsprecherin Kerstin Holzheimer an. Was die Schäden verursacht hat, ist noch unklar, ebenso, ob – wie in der Lauterborner Hugo-Wolf-Straße – das Fundament abgesackt ist.
Das unter Denkmalschutz stehende, 1865 errichtete Haus an der Geleitsstraße grenzt an die Großbaustelle auf dem ehemaligen Kappus-Gelände. Dort Baustelle entsteht die Wohnanlage Kappus-Höfe. Die Fertigstellung der 17 Häuser mit 300 Wohnungen ist für 2021 geplant. Mit dem Abriss der Altgebäude wurde im vergangenen Dezember begonnen. Seitdem wird dort auch mit schwerem Gerät gearbeitet, Bauschuttbrocken wurde mit einem Meißelbagger zerkleinert, dann klein gemahlen. Permanenter Lärm wurde für die Nachbarn unerträglich, die Bauaufsicht verhängte im Mai einen vorübergehenden Baustopp. Inwieweit die von der Baustelle ausgehenden Vibrationen in einem Zusammenhang mit den jetzt festgestellten Schäden an der alten Bausubstanz in Verbindung stehen könnten, dürfte auch Gegenstand der nun eingeleiteten Untersuchungen sein.