Der lange schwelende Richtungsstreit in der AfD wird zum Flächenbrand: Gemäßigte streiten mit dem rechtsradikalen “Flügel” des Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke um die künftige Ausrichtung der Partei. Der Vorstand des größten Landesverbandes in NRW zerfällt im Streit, in Bayern greift die Partei den “Flügel” offensiv an – und auch der Bundesvorstand befürchtet eine Unterwanderung durch Rechtsextremisten. Höcke hingegen geht zum Angriff über und auf Konfrontation mit der Parteispitze.
Scharfe Attacken und Rücktritte
Gleich mehrere Vorkommnisse am Wochenende stürzten die Partei in die Krise: Zunächst traten neun von zwölf Landesvorstandsmitgliedern noch während des Sonderparteitags in Nordrhein-Westfalen zurück. Landeschef Helmut Seifen fuhr eine scharfe Attacke auf den “Flügel”. Die Anhänger der Strömung seien dabei, die Partei bundesweit zu unterwandern und zu spalten. In entscheidenden politischen Fragen handelten Höckes “willfährige Werkzeuge” nicht im Interesse des Landesverbandes. Der “Flügel” gilt dem Verfassungsschutz als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus.
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Da Seifert seinen Co-Vorsitzenden Andreas Röckemann als ein solches Werkzeug Höckes sieht, versuchte er eine Neuwahl des Vorstands zu erzwingen – als das nicht gelang, zerfiel der Vorstand zum Rumpf. Der größte Landesverband mit rund 5.300 Mitgliedern steht nun nahezu ohne Führung da, bis Ende des Jahres neu gewählt wird. Bis dahin hat allerdings der “Flügel ” dort das sagen – kann aber wohl nicht auf Mehrheiten an der Basis zählen.
AfD Bayern: Flügel ist “Konkurrenz”
Zeitgleich eskaliert die Situation auch in Bayern: Es sei “nicht mehr zu verneinen”, dass der “Flügel” in einem Konkurrenzverhältnis zur AfD stehe, zitierte die “Welt am Sonntag” aus einem Beschluss des Schiedsgerichts des Landesverbandes. Ausgangspunkt der Bewertung ist eine dort verhandelte Parteiordnungsmaßnahme gegen ein Landesvorstandsmitglied.
In dem Beschluss wird festgehalten, Benjamin Nolte habe “erheblich gegen die Satzung der Partei verstoßen, indem er maßgeblich an der Organisation und Fortführung einer mit der Partei konkurrierenden politischen Organisation, nämlich dem Flügel, mitwirkt”. Deutlicher kann die drohende Spaltung zwischen den Strömungen kaum formuliert werden. Nolte hatte gefordert, die Unvereinbarkeitsliste abzuschaffen – sie verbietet Mitgliedern zumindest formell die Mitgliedschaft bei rechtsextremen Gruppen wie beispielsweise der Identitären Bewegung. Die Beschlusslage wird vom “Flügel” aber immer weiter aufgeweicht und unterlaufen.
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Unterwanderung durch Rechtsextremisten
Zu allem Überfluss wurde am Wochenende dann auch noch ein internes Schreiben der AfD-Parteispitze an das Bundesschiedsgericht bekannt: Demnach treibt den Vorstand die Sorge um, die Partei könne von Rechtsextremisten unterwandert werden. Besonders brisant: Das Schreiben betrifft den Fall Doris von Sayn-Wittgenstein.