Der FDP tut die Ampelkoalition nur bedingt gut. Beim Dreikönigstreffen geht es für Parteichef Lindner auch darum, seine FDP wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Eine Exit-Option gibt es nicht.
Von der Regierungsbeteiligung in Berlin hat die FDP bislang nicht profitiert – im Gegenteil. Nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein flog die Partei aus den Regierungen in Düsseldorf und Kiel, in Niedersachsen verpasste die Partei sogar den Wiedereinzug ins Parlament. Umfragen zufolge könnte dieses Schicksal der Partei auch bei den Wahlen in Bremen (im Mai) und Bayern (im Oktober) drohen. Immerhin: Die Umfragen für die Wahlen in Berlin (im Februar) und in Hessen (im Herbst) sehen etwas besser aus.
Seit dem Wahldebakel in Niedersachsen macht ein Wort innerhalb der FDP die Runde: Die eigenen Anhänger “fremdeln” mit der Ampel, so stellt es ein Spitzen-Liberaler nach dem anderen fest. Der baden-württembergische FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagt vor dem Treffen in Stuttgart: “Ich habe von vornherein befürchtet, dass es nicht einfach wird und unseren Wählern nicht so leicht zu vermitteln ist.” So sei es auch gekommen.
Dem ARD-Deutschlandtrend zufolge überwiegt bei den FDP-Anhängern die Zahl derer, die mit der Bundesregierung weniger oder gar nicht zufrieden sind mit 56 Prozent deutlich die Zahl derjenigen, die zufrieden bzw. sehr zufrieden sind (44 Prozent).
Wie viel Pragmatismus darf sein?
Die Antwort der FDP: Das Profil der Partei innerhalb der Koalition soll geschärft werden, notfalls auch im Konflikt mit den Partnern SPD und Grünen. Hatte vor einem Jahr noch die Union von einer “links-gelben” Regierung gesprochen, wird das sinngemäß inzwischen auch von FDP-Politikern wie Generalsekretär Bijan Djir-Sarai so gesagt: Die FDP müsse in einer Koalition mit zwei linken Partnern verhindern, “dass linke Projekte in dieser Koalition umgesetzt werden”. Man sei kein Wünsch-dir-was-Partner von SPD und Grünen.
Dabei wird gerade die Finanzpolitik, geprägt von milliardenschweren neuen Schulden für Energiepreisbremsen, Bundeswehr und Klimainvestitionen, von vielen Anhängern der FDP kritisch beäugt: Ist das noch die Partei, die vehement für die Einhaltung der Schuldenbremse eingetreten ist? Anders gefragt: Wie viel Pragmatismus in der Regierung darf sein, wo beginnt der Verzicht auf ur-liberale Positionen?
Mehr Abgrenzung zu den Partnern
Umso mehr will sich die FDP wieder als Wirtschaftspartei präsentieren. Ein “politisches Wachstumspaket” sei jetzt notwendig, sagt Parteichef und Finanzminister Christian Lindner vor dem Dreikönigstreffen. Es brauche jetzt auch eine “Zeitenwende in der Finanz- und Wirtschaftspolitik”. Denn: die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gehe zurück, so Lindner im Gespräch mit der “Stuttgarter Zeitung”.
Auch die Abgrenzung zu den Koalitionspartnern gehört mit zum Programm: Mit Blick auf Planungs- und Genehmigungsverfahren reiche ihm das “Ambitionsniveau der Ampel” noch nicht, so der FDP-Vorsitzende im SWR-Interview. Schnellere Verfahren – bei dieser Thematik geht es Lindner und seinen FDP-Kollegen im Kabinett nicht nur um die Förderung erneuerbarer Energien.
Verkehrsminister Volker Wissing streitet beispielsweise vehement auch für den schnelleren Ausbau von Straßen: Es könne nicht um “Klimaschutz gegen die Interessen der Gesellschaft” gehen, vielmehr müssten die “Mobilitäts- und Produktionsinteressen” mit dem Klimaschutz in Einklang gebracht werden.
Was ist echter Konflikt, was nur Rhetorik?
Konflikte mit den Ampel-Partnern, insbesondere mit den Grünen, nimmt Wissing dabei in Kauf – auch das kann der Profilschärfung dienen, ebenso wie die Forderung, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Und auch Fracking ist für die FDP kein Tabu. Oder handelt es sich um Rhetorik für die eigenen Anhänger – im Wissen, dass dies mit den Partnern in der Regierung ohnehin nicht durchgesetzt werden kann?
Es ist ein Spagat, den die FDP damit wagt. Denn Konflikte innerhalb der Ampel-Koalition können auch negativ auf die Liberalen zurückfallen. So betonte Johannes Vogel, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP- Bundestagsfraktion, nach der verlorenen Niedersachsen-Wahl, die FDP müsse “deutlich machen, dass wir nicht gegen Dinge sind, sondern vor allem eine Dafür-Partei.”
Lindner bleibt unumstritten – trotz alledem
Eine größere innerparteiliche Debatte über den Kurs der FDP gibt es aber nicht. Trotz schwächelnder Umfragewerte ist auch Parteichef Christian Lindner, der die FDP seit fast zehn Jahren anführt, unumstritten. Er hat zwar noch nicht definitiv erklärt, dass er bei der nächsten Wahl zum Parteivorstand im April erneut antreten wird, doch eine Möglichkeit dafür besteht ja nun in Stuttgart.
Dass es innerhalb der Partei trotz der Unsicherheit über den Ausgang der kommenden Landtagswahlen nicht brodelt, wird von führenden Vertretern der FDP im Übrigen als entscheidender Unterschied zur letzten Regierungsbeteiligung zwischen 2009 und 2013 angeführt. Nach den vier Jahren flog die FDP aus dem Bundestag, was ein Trauma bei vielen in der Partei hinterließ. In die Zeit fielen interne Rangeleien, Parteichef Guido Westerwelle wurde mitten in der Legislatur vom glücklosen Philipp Rösler abgelöst.
FDP kann nicht allein auf Union setzen
Dazu kommt: Bei aller Sorge, dass innerhalb der Ampel das eigene Profil beschädigt wird – für die FDP ist es wichtig, mit der Ampel eine Machtoption zu haben. Dass man auf die CDU nicht automatisch als Partner setzen kann, hat sich in Schleswig-Holstein gezeigt: Dort hätte Ministerpräsident Daniel Günther nach der Landtagswahl im vergangenen Jahr rechnerisch auch eine Koalition mit der FDP bilden können, er entschied sich aber für ein Bündnis mit den Grünen.
Allein auf die Union als Partner zu setzen, wäre aus Sicht der Liberalen also ein Fehler – zumal es im Bund in nächster Zeit kaum noch für Schwarz-Gelb reichen dürfte.